Freitag, 15. Juni 2012

Der erste Teil

Und so begann es ! 

 

Herr Ludwig war ein relativ gewöhnlicher, wenn auch gescheiterter Mann. Er hatte seinen 35. Geburtstag hinter sich gebracht, mit mehr Leid als Freude. Er war frisch geschieden, seine Ex-Frau und sein Sohn lebten inzwischen mit "dem Neuen" gute 3 Stunden Autofahrt entfernt, sodass er seinen Sohn auch nur alle 4 Wochen sehen konnte.
Um aus dieser Lethargie zu entfliehen, kam es ihm gerade recht, dass seine Großmutter ihren 90. Geburtstag groß feiern wollte und das nicht irgendwo, sondern auf dem familieneigenen Anwesen an der Mosel. Ein altes Weingut, durfte die Familie ihr eigen Nennen vererbt von Herrn Ludwigs Ur- Ur- Großvater und immer stetig weitergegeben.
Im Prinzip konnte jedes Familienmitglied Ansprüche stellen dort Urlaub zu machen und da Herr Ludwig aus einer Familie stammte, die nicht wenig Erfolg hatte und viele den Besitz den sie erarbeitet haben nur noch verwalten mussten, nahmen die anderen der Sippschaft diese Möglichkeit relativ häufig wahr.
Herr Ludwig selbst war wie bereits erwähnt gescheitert, er hatte mit Mühen versucht in irgendeiner Branche Fuß zufassen doch so ziemlich jeder Versuch scheiterte. Zunächst versuchte er sich als Freigeist und freier Journalist doch Niemand war an seinen Dorffestreportagen interessiert und es gelang ihm auch nicht interessantere Themen zu finden oder uninteressante Themen interessant zu schreiben.
Weiter versuchte er sich als Antiquitätenhändler doch auch hier musste er sich früher oder später eingestehen, dass seine Kenntnisse was diesen Markt betreffen sehr gering waren und er ließ sich nicht nur einmal über den Tisch ziehen und gab schlussendlich auf.
Diese Unternehmen brauchten nach und nach sein Vermögen, dass er in die Wiege gelegt bekommen hatte, auf und so ist er seit nunmehr 3 Jahren gezwungen eine Tätigkeit in einem Hotel auszuüben die jeder Affe genauso gut und genauso schlecht erledigen könnte. Die Bezahlung ist miserabel und Freude hatte er noch nie an dieser Arbeit, aber irgendwie musste die Kasse ja stimmen.
Wenn er morgens aufstand und sich um 4 Uhr morgens aus dem Bett quälte kam es ihm jedes mal so vor, als rufe ihn der Wecker bereits zum jüngsten Gericht und jeden Morgen erkannte er voller Trauer, bei der ersten Tasse Kaffee, dass es doch nur der Weckruf zu seinem eintönigen Leben war, dass er noch nicht mal mehr als Fegefeuer, sondern als den mit Sicherheit 6. Nimbus zur Hölle empfand.
Wenn Herr Ludwig in den Spiegel schaute um sich bereit für den Dienst zu machen, sah er sein Leben in sein Gesicht gemeißelt. Sein länglicher Kopf schien immer weiter von seinen inzwischen schlaff gewordenen, fleischigen Backen herunter gezogen zu werden, was seinen missmutigen Gesichtsausdruck noch unterstrich. Seine Brille saß schief, egal was er machte, er konnte sie nicht mehr gerade rücken, wahrscheinlich lag das an seiner Nase die das Wort Symmetrie wohl für eine Griechische Gottheit hielt. Seine Haare verschwanden immer mehr nach hinten, als gruselten sie sich vor dem Anblick im Spiegel und seine körperliche Fitness war sowieso noch nie wirklich gut, wenn Homer Simpson Mensch werden sollte wäre es Herr Ludwig gewesen.
Nun ja diese illustere Gestalt hatte heute aber keinen Dienst, heute ging es auf große Reise, heute ging es mit dem Zug an die Mosel und da wollte er endlich mal abschalten und alles vergessen was ihn so bedrückte, er wollte einfach in Ruhe was trinken, sich möglichst zurückziehen und sich nicht erneut dem Spott seiner Familie aussetzen. Er das schwarze fette Schaf, dass es zu nicht mehr gebracht hat als zu einem Bediensteten "die Familie Ludwig wird bedient!", hatte sein Vater zu ihm gesagt als er von der neuen Tätigkeit seines Sohns erfahren hatte, aber dieser Spruch konnte an der Situation auch nichts ändern.

10:52
Der zug setzte sich in Bewegung und Herr Ludwig hin. Der Zug war wie eigentlich gewohnt überfüllt, also nahm Herr Ludwig direkt an der Tür im Gang Platz.
Er beobachtete gerne die Landschaft, die vorbeizog und er genoss auch die Ruhe im Gang, lieber saß er unbequem als neben wildfremden Menschen zu sitzen und sich unter Umständen noch in ein Gespräch verwickeln zu lassen, das wäre dann der 7. Nimbus zur Hölle gewesen.
Die Zeit verstrich und Herr Ludwig döste vor sich hin, den Kopf auf seinen Arm gestützt die Brille rutschte ihm ein Stückchen von der Nase, er lehnte an seine blaue alte Sporttasche, die er voll gepackt hatte mit Sachen, der Anzug und die Hemden werden gut zerknittert sein wenn er ankommt.
Es gab an dieser Zugfahrt nichts was ihn hätte stören können außer die Leute, die dringend überteuerte Snacks aus dem Speisewagen holen mussten oder die auf Toilette mussten, welche natürlich direkt neben ihm auf dem Gang war.
Ratsch, die Tür öffnete sich mit einem Geräusch, dass man meinen konnte man wäre in einer Schrottpresse gelandet, dann der sekundenlange Lärm des Zuges der durch das öffnen des Zwischenraumes der Abteile den Weg in Herr Ludwigs Ohr fand. Es gab Phasen, da konnte er keine Minute in Ruhe sinnieren, da immer wieder jemand hin und her laufen musste. Schrottpresse, Zuglärm, Ruhe, Schrottpresse, Zuglärm, Ruhe. Dieses Spiel hielt Herr Ludwig nicht mehr lange aus und er war kurz davor sich doch einen Sitzplatz zu suchen, doch Gott sei dank kam wieder eine längere Ruhephase in der er entspannen und sich von den Strapazen der Zugfahrerei erholen konnte.
Doch da wieder, Schrottpresse! Zuglärm! Eine Frau quetschte sich an ihm vorbei, schaute ihn herablassend an und sagte, "dürfte ich wohl auf Toilette?".
"Aber natürlich, gerne", entgegnete Herr Ludwig mit einem leichten Anflug von Ironie, wuchtete seinen massigen Körper nach oben, schnaubte wie ein Pferdchen und presste sich an der Frau vorbei. Die Dame drehte sich angewidert weg, der Schweißgeruch von Herrn Ludwig war nicht zu leugnen, zu seiner Verteidigung muss man sagen, dass es an diesem Tag ziemlich heiß war und dass die übermäßige Arbeit der Schweißdrüsen nicht nur auf das Übergewicht von Herrn Ludwig zurückzuführen war. Beim Vorbeiquetschen stießen die Beiden unglücklich aneinander, sodass die Dame leider etwas fallen ließ, sie bemerkte es aber nicht.
Ein Schlag, ein Drehen, die Toilettentür war zu. Herr Ludwig stand im Gang und blickte auf den, von altem Kaugummi überzogenen Boden und sah was die Frau hat fallen lassen, ihre Geldbörse.
Was sollte Herr Ludwig machen, er liebäugelte damit die Geldbörse einzustecken und einfach nichts zu sagen, Gelegenheit macht schließlich Diebe und solch eine optimale Gelegenheit erforderte nicht einmal einen Meisterdieb dafür reichte auch ein einfacher Herr Ludwig mit wurstigen Fingern, die in dieser Situation einen leichten Hang zur Kleptomanie entwickelten. Auf der anderen Seite war Herr Ludwig doch trotz allem ein guter Mensch, er konnte es trotz allem nicht übers Herz bringen einfach so etwas  zu stehlen, oder doch ?

Nun seid ihr gefragt, soll Herr Ludwig die Geldbörse nehmen oder nicht. Wenn bis morgen kein eindeutiges Ergebnis feststeht entscheidet der Autor :) 
Euer Pasci!         

          


2 Kommentare:

  1. Das freut mich, dass es zur Kenntnis genommen wurde :) Viel Erfolg weiterhin mit dem Projekt, finde ich sehr gut das Blogroman-Verzeichnis!

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