Mittwoch, 11. Juli 2012

Der neunte Teil

Die Zeit verstrich und Herr Ludwig saß da nuckelte zunächst seine erste Flasche Bier leer und auf drängen der Tanten dann eine weitere. Zur dritten Flasche musste man ihn garnicht mehr groß drängen und die vierte machte er gerade dann auf, als Tante Corinna sagte: "Oh schaut mal auf die Uhr, das Essen geht schon in 10 Minuten los! Casperle, musst du dich nicht noch in Schale schmeissen, oder wolltest du in Jeans und T-Shirt diesen Abend vollziehen!?" die Tanten kicherten. Herr Ludwig nahm einen Schluck von seinem 4. Bier, dass er innerhalb der letzten Stunde getrunken hatte, er fühlte sich schon etwas schwummerig und sagte: "Jau, da habt ihr recht ihr hübschen dann will ich mich mal fein machen, dass das auch pünktlich losgeht hier."
Und mit diesen Worten wankte er von dannen den Gang hinunter und in sein Zimmer, er blickte auf sein Bett und sah seinen Anzug vollkommen zerknittert dort liegen, es waren noch 10 Minuten bis zum Essen und sowohl sein Vater als auch Oma Hermine hassten Unpünktlichkeit. Nun war es die Frage, ob Herr Ludwig es wohl schaffen könnte seinen Anzug rechtzeitig zu Bügeln oder nicht, die Entscheidung musste wenn dann schnell fallen, denn sonst blieb auch für ein unsauberes Bügeln keine Zeit mehr. Er betrachtete sich seinen Anzug genauer, die Hose ging eigentlich, er schüttelte sie ein, zweimal gut durch und befand in seinem, man musste es aussprechen, angetrunkenen Zustand, dass sie passabel sei, wobei ihm da jeder andere wohl widersprochen hätte. Das Jacket, nun ja die Ärmel sollte man schon nochmal etwas glatt streichen und auch am Rücken vielleicht ein bisschen nacharbeiten, das war es dann aber auch und zur Not würde er das Jacket zunächst offen lassen und in einem genialen Schachzug beim betreten des Raumes ausziehen unter dem Vorwand, dass aber ganz schön gut geheizt wurden und es lässig über seinem Arm werfen. Das Hemd war das eigentlich schlimme an dem ganzen, es sah aus, als wäre es eine Zeichnung gewesen, die der Künstler nicht für gut befand und sie deswegen ganz ganz heftig zusammenknüllte und in den Papierkorb schmiss. Herr Ludwig prüfte das Hemd genau, auf dem Etikett stand: "Größe L/G - Easy Iron.". Dann konnte ja nichts mehr schief gehen wird sich Herr Ludwig wohl gedacht haben, riss die Zimmertür auf, fiel fast vornüber aus dem Zimmer vor lauter Bierseligkeit und schaute um sich, es war niemand zu sehen, aber wo sollte er jetzt ein Bügeleisen finden. Wer kannte sich am besten aus in dem Haus? Keine Frage Oma Hermine, doch die sollte er vielleicht nicht unbedingt fragen, alleine wegen seinem Zustand, außerdem wäre es doch recht peinlich, würde sie erfahren, dass er in den inzwischen verbleibenden 5 Minuten sein Hemd bügeln wollte, wo er doch den ganzen Tag Zeit hatte dafür. Wer blieb noch? Er musste seinen Bruder fragen, also los, hoch zu Alexander in den ersten Stock, er sprang graziel wie eine übergewichtige Gazelle zwei Stufen gleichzeitig nach Oben, dieses Springen war nicht zu überhören und wahrscheinlich dachten die anderen Besucher, Oma Hermine hätte einen Elefanten als besondere Attraktion engagiert und in ihrem Zimmer versteckt. Völlig außer Atem kam Herr Ludwig im ersten Stock an, stützte die Hände in die Hüften und atmete durch. Er klopfte. Die Tür öffnete, Alexander stand vor ihm schaute verwundert und vorwurfsvoll: "Caspar, du bist ja noch nicht fertig, ist alles ok, du siehst ja vollkommen fertig aus?"
"Ja, es ist alles gut. Nur ein Bügeleisen. Ich bräuchte ein Eisen zum bügeln, weisst du!? Wo find ich das in dem Haus hier?"
"Jetzt komm, du willst mir nicht erzählen, dass du noch dein Hemd bügeln musst?"
"Ach nur so eine kleine Bügelfalte hab ich übersehen"
"Na ja, egal, in der Küche, unterste Schublade links neben der Spüle."
"Danke!"
"Ach ja, Caspar!"
"Was?"
"Du solltest was gegen deinen Mundgeruch machen du riechst ganz schön nach Bier!"
"Danke" sagte Herr Ludwig und drehte sich um, er überhörte quasi den Spruch von Alexander wusste aber, dass er recht hatte, fiel die Treppen ähnlich galant hinab wie er herauf gekommen war, stolperte in die Küche, wo schon eine Küchenmannschaft bereit stand, die kulinarisch durch den heutigen Abend führen sollte und schnappte sich das Bügeleisen. Er rannte zurück und wollte mit dem Bügeln beginnen, doch irgendwas hatte er übersehen, eine kleine Sache schien ihm noch zu fehlen um wirklich weiter zu kommen. Das Bügelbrett! Er beschloss, dass dafür keine Zeit mehr war und begann wie ein wilder zu bügeln, barbarisch genug ist er gewesen, das kleine Fensterbrett als Unterlage zu benutzen, als er fertig war, oder zumindest, er der Meinung war fertig zu sein, streifte er in Windeseile seine Sachen über, sprühte sich von oben bis unten mit Eau de Toilette ein, presste sich eine gefühlte halbe Tube Zahnpasta in den Mund, spülte kurz mit Wasser durch und stolzierte ins Wohnzimmer, fest davon überzeugt, pünktlich und gut aussehend bei seiner Familie anzukommen. Die Wahrheit war, er war 15 Minuten zu spät, alle saßen schon beim Apperetif und er sah aus wie einmal hinterm Auto hergezogen. Er wollte seinen Plan in die Tat umsetzen, zog sein Jacket aus nuschelte: Warm hier, wa?" in die Runde, wollte sich die Jacke über den Arm werfen, verfehlte aber und sie landete auf dem Boden.
Er stand da und sah genauso aus, wie er aussah einfach schlecht. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, man wusste nicht was man sagen sollte, entsetzt, belustigt? Vielleicht eine Mischung aus beidem.
Herr Ludwig stand einfach da und war benebelt von den 4 Bier und von der Parfum - Bierstaub - Zahnpasta Wolke in der er irgendwie in diesen Raum geschwebt war.   

Donnerstag, 5. Juli 2012

Der achte Teil

Herr Ludwig verschob die Entscheidung, eigentlich war er grundsätzlich bereit die Dame anzurufen aber noch nicht zu diesem Zeitpunkt.
Er kramte die Sachen aus dem Geldbeutel erstmal bei Seite in das vordere Reißverschlussfach seiner Sporttasche legte den zerknitterten Anzug heraus und wollte zunächst einmal wieder zu den anderen zurückkehren.
Er ging also den Gang entlang zurück in das Wohnzimmer und bevor er noch Platz nehmen konnte, öffnete sich die Haustür mit einem knarren. Er ging zielstrebig wieder zum Eingang zurück und da stand Oma Hermine Ludwig, sie war schlank und wirkte zerbrechlich, ihr Gesicht war weich und faltig, die grauen gelockten Haare waren dünn und sahen aus wie eine Perücke aus Nylonfäden doch sie waren echt. So stand sie in der Tür mit ihrem türkisgrünlich wirkenden Pulli machte einen kleinen Buckel, den man ihr im Alter von 90 Jahren ruhig zugestehen konnte und lächelte Herrn Ludwig warmherzig an. "Caspar! Oh, wie ich mich freue, dass du es geschafft hast und gut siehst du aus, ein richtig stattlicher Mann, so wünschen sich die Frauen das. Komm her und drück deine Oma!" Herr Ludwig ging und drückte sie vorsichtig an sich, immer hatte er angst ihre Knochen könnten brechen wenn er zu fest zu drückte, doch Oma Hermine war noch topfit für ihr Alter und im Geiste war sie so Jung wie eh und je.
Mit einem Poltern stürzten Alexander, Wiebke und Melanie die Treppen herunter und begrüßten ebenfalls die Jubilarin gebührend und nach und nach trudelte auch der Rest der Sippe Ludwig ein.
Onkel Achim mit seiner Frau Anne, sowie den Kindern Manuel und Valentin. Onkel Achim war ein breitgebauter Mann, mit lockigen schiefen Haaren einer noch aus den 80er Jahren stammenden Brille und immer fröhlich und gut gelaunt. Seine Frau Anne stand Achim in Körperfülle und auch in der lustigkeit nichts nach, sie hatte blonde bis zum Kinn reichende Haare und trug stets bunte tunikaähnliche Kleidung. Die beiden Kinder Manuel und Valentin waren lustig und aufgedreht, man nahm sie kaum war, da sie mehr herum rannten als bei den Erwachsenen zu sitzen.
Herr Ludwigs Tanten Corinna und Amelie kamen wie immer zusammen in einem kleinen roten Sportwagen rauschten sie die Einfahrt herunter und stürmten mit Kichern und Schnattern das Haus. Angekommen, ging die Kuss und Umarm Orgie dann los, keiner blieb verschont und besonders hart traf es die Kinder, die vor lauter Gesichtverziehen auch noch einen bleibenden Schaden davon tragen könnten.
Zu guter letzt kamen Herr Ludwigs Eltern. Wie eine Armee von tausenden Soldaten klangen die Stiefel des Vaters für Herrn Ludwig beim Eintreten, jeder Schritt näher an ihn heran raubten Herrn Ludwig mehr und mehr die Luft und schnürten ihn ein. Vor ihm angekommen baute sich Herr Ludwigs Vater auf, hohlte tief Luft und nuschelte durch seinen inzwischen ergrauten vom Kaffee und Nikotin gelblich gefärbten Bart ein sehr trockenes "Caspar!", nickte ihm zu und drehte sich weiter, das war das höchste an väterlicher Zuneigung, was man von einem Mann wie Konrad Ludwig in einer solchen Situation erwarten konnte. Herr Ludwig war wenig gekränkt, er kannte das, er war vielmehr froh, dass sich sein Vater weiter um die anderen Gäste bemühte und ihnen die Hände schüttelte, auch wenn Oma Hermine geladen hatte, so kam man nicht an dem Eindruck vorbei, dass Konrad Ludwig heute zum Geburtstag geladen hatte, er hatte schlicht und ergreifend dieses gewisse etwas, dass er eine Situation mit viel Ruhe und Förmlichkeit sofort kontrollierte, das bewunderte man an ihm.
Herr Ludwigs Mutter, Klara Ludwig, war nur das schmückende Beiwerk, sie redete wenig, war aber sehr warmherzig vor allem ihren Kindern gegenüber, sie wollte damit wohl die strenge des Vaters ausgleichen, sie kam zu Herrn Ludwig, streichelte ihm über die Wange und sagt leise und sanft " es ist schön dich zu sehen Caspar". Etwas ähnliches machte sie bei Alexander und auch bei allen anderen, war sie nicht weniger freundlich, wenn auch natürlich nicht ganz so warmherzig.
Jetzt waren alle da, das Fest konnte beginnen, man beschloss sich eine einhalb Stunden Zeit zu geben dann sollte zusammen das Essen beginnen. Jeder verschwand auf sein Zimmer, Herr Ludwig aber nicht, er hatte dort nicht mehr wirklich etwas zu erledigen, ausser vielleicht den Anzug zu bügeln, aber das konnte er auch später machen. Er wollte zunächst mal im Wohnzimmer bleiben und etwas trinken.
Er saß da und dachte nach über sich, über seine Familie, er wusste selbst nicht so genau wofür er sich so schämte, er bekam dieses Schamgefühl von seiner Familie aufgezwungen. Natürlich ist er gescheitert in verschiedenen Unternehmungen auch in seinen persönlichen doch im Grunde, hätte das jedem passieren können, er ist halt ein großes Risiko gefahren. Wäre sein leben Roulette gewesen, hatte Herr Ludwig nicht nur einmal auf die Null gesetzt sondern gleich mehrmals hinter einander, sein Motte lautete Alles oder Nichts, da er sich mit dem Mittelmaß einfach nicht zufrieden geben wollte, jetzt war er halt im nichts angelangt, zur Zeit eben mal am unteren Ende, das hieß aber nicht, dass es auch immer so bleiben muss, nur muss man halt erstmal neuen Mut fassen, er würde wieder alles auf Null setzen wenn er es könnte, denn desto öfter die Null nicht kommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dann eben doch mal kommt und diesen Moment wollte er unter keinen Umständen verpassen. Herr Ludwig versuchte sein Selbstbewusstsein aufzubauen,  damit er stolz seinem Vater gegenüber treten könnte, ihm Gefiel der Vergleich mit dem Casino, wenn er etwas zu erklären hatte wollte er es genau so machen. Er fühlte sich gut nahm einen Schluck Bier und döste vor sich hin.
Mit einem Mal sprang die Tür explosionsartig auf und eine grelle Stimme rief, "Wo ist der Sekt hier in dem Sektkeller?" es waren Herrn Ludwigs Tanten Corinna und Amelie, sie lachten, hielten den Sekt bereits in der Hand und Herr Ludwig schaute etwas verwundert drein.
"Ach komm schon Casperle, sei nicht so missmutig und erzähl mal ein bisschen was aus deinem jungen wilden Leben."
"Ach so viel gibt es da eigentlich nicht was...."
"Ja genau, hihi,....Prost!" rief Amelie und streckte ihr Sektglas in die Höhe als hätte sie gerade die Weltmeisterschaft im Trinkspruchsagen gewonnen.
"Amen!" entgegnete Corinna und streckte ebenfalls ihr Glas in die Höhe, beide schauten nun auf Herrn Ludwig, er überlegte schaute sich um, seufzte und sagte dann: " Joa, pfff." schaute dabei wie ein Pferd und hob seine Flasch etwas höher.
In vollkommener Extase über die Reaktion von Herrn Ludwig schrien die Tanten trippelten mit ihren Absätzen auf dem Parkett führten ihrer Gläser zusammen und tranken die 0,2l Sekt in einem großen Schluck weg.
"Du bist wirklich der Master of Ceremonie, Casperle" sagte Amelie und lachte dabei.
Beide Tanten hatten das selbe Kleid an, es war absolut diskotauglich ein Minirock glitzerndes Kleid, die eine in Rot die andere in Silber, die Schuhe dazu farblich passend und mit hohen Absätzen. Die Tanten sahen sich sowieso sehr ähnlich, das lag wohl daran, dass sie alles zusammen machten, ihre Haut war ledrig durch verschiedene Cremes und zu viele Solariumsbesuche. Amelie hatte dunkle blond gefärbte Haare, lockig bis zu den Schultern. Corinna hatte einen wie man so schön sagt, frechen Kurzhaarschnitt und blieb ihrer Naturfarbe dunkelbraun treu, auch wenn man bei ihrem Alter von 53 davon ausgehen durfte, dass sie ein wenig nachfärben musste. Amelie war 3 Jahre jünger und hatte dieses Jahr ihren 50. Geburtstag gefeiert man sprach sie lieber nicht drauf an, nach Zeugenaussagen muss es ziemlich viele Tränen im späteren Verlauf gegeben haben, die bis hin zu Agression reichten, da der Versuch den von Tante Corinna organisierten Stripper ins Bett zu kriegen fehlgeschlagen war.
Mit solchen Tanten wurde es jedenfalls nicht langweilig und auch dieser Abend versprach lustig zu werden. Nach und nach kamen mehr Leute herunter, der Lärm den die Tanten veranstalteten ließ das alte Haus in neuem Leben erscheinen und alle waren plötzlich in Feierlaune.  

Freitag, 29. Juni 2012

Der siebte Teil

Der Geldbeutel lachte ihn förmlich an, es war ein sehr schickes, feminines Modell. Ziemlich dick aufgeplustert, aus weissem Leder gefertigt, mit bunten Verzierungen darauf. Ein einziger Druckknopf hielt dieses ganze Bündel zusammen, es sah aus, wie als wenn Herr Ludwig nochmal seine Kommunionsanzugsjacke tragen würde und einen Knopf mit Müh und Not zu bekommen hätte.
Er musste ja gar nicht viel machen einmal mit dem Fingernagel drunter und flupp, konnte der Geldbeutel aufspringen. Ohne nachzudenken spielte er ein wenig an dem besagten Objekt herum und, hoppala, da war es schon geschehen. Der Geldbeutel stand offen. Herr Ludwig klappte ihn auf und schaute hinein, der Bargeld bestand war tatsächlich recht hoch, sage und schreibe 710 Euro in scheinen und wenn er das Kleingeld zusammenzählte kam er auf exakt 712,12 Cents. "Wow, nicht schlecht" dachte sich Herr Ludwig aber so ein Geldbeutel birgt ja noch mehr  Geheimnisse, er schaute weiter und Fand den Personalausweis der Dame, Janina Krug stand darauf, Haarfarbe braun, Augenfarbe Grün, 1,69m groß, konfession R-Kath. So nun wusste Herr Ludwig wenigstens wen er bestohlen hatte, vielleicht ließen sich noch weitere Rückschlüsse auf die Person ziehen, er fingerte einige Visa und EC-Karten heraus, er hielt den Geldbeutel hoch und schüttelte ihn aus wie eine Tüte Gummibären in der die letzten Bärchen noch irgendwie feststeckten. Es fielen ein paar Visitenkarten auf seinen Schoß - Anwalt Krebsbach - Autohaus Böseman - Weingut Schindelhof Zell/mosel. 
Also überlegte Herr Ludwig: "Wahrscheinlich ist Frau Krug mit dem Anwalt Krebsbach und einem Auto aus dem Autohaus Bösemann an den Schindelhof in Zell gefahren. So ein Schwachsinn!" Gut dass ihm noch eingefallen war, dass sie mit dem Zug unterwegs war, sonst wäre er ja nie an den Geldbeutel gelangt.
Unter den Visitenkarten fand er aber auch folgende:
Janina Krug
Immobilienfachwirtin / Unternehmerin
Frankfurt/Main 
Darunter waren Email Adresse und Telefonnummer Geschäftl. und Mobil angegeben. Herr Ludwig saß vor dem ganzen Haufen Karten, Geld und Quittungen wie ein Hund vor den Pantoffeln die er gerade zerfetzt hatte. Irgendwie tat es ihm jetzt doch leid den Geldbeutel entwendet, bzw. Frau Krug nicht darauf hingewiesen zu haben. Andererseits, war Frau Krug jetzt auch nicht wirklich freundlich gewesen und war im Grunde selbst daran schuld, dass Herr Ludwig nichts mehr gesagt hatte.
Dennoch plagte ihn sein schlechtes Gewissen, es gäbe jetzt natürlich doch noch eine Möglichkeit das Geschehene wieder rückgängig zu machen, er könnte natürlich Frau Krug anrufen und das ganze aufklären, schade nur, dass er dann preisgeben müsste, dass er der Täter war. Nach einigem überlegen spielte Herr Ludwig mit eben diesem Gedanken, aber auch mit dem Personalausweis von Frau Krug: "doch ein recht hübsches Gesicht, wenn es nicht so zugekleistert wäre" dachte sich Herr Ludwig. Er warf einen zweiten Blick auf den Personalausweis drehte ihn herum und bemerkte endlich die Adresse darauf. Natürlich, er könnte auch einfach anonym den Geldbeutel wieder einschicken und die ganze Misere wäre erledigt, das Geld würde Herr Ludwig schon behalten quasi als Finderlohn.
Was wäre aber wenn Herr Ludwig doch mutig genug wäre anzurufen und sich persönlich mit der Frau zu treffen, ihr zu zeigen, dass sie nur durch den fetten Kerl wieder an ihr Hab und Gut kommen könnte. Ihm gefiel der Gedanke endlich mal als Held und nicht als Versager aufzutreten, er könnte den Geldbeutel schließlich auch einfach so irgendwo im Zug gefunden haben und nicht bewusst eingesteckt haben. Nun stand Herr Ludwig vor der Entscheidung was sollte er tun, den Geldbeutel einfach behalten und alles vergessen, den Geldbeutel anonym einschicken oder sollte er allen Mut zusammenfassen und Frau Krug anufen ?

Ihr entscheidet wenn ihr wollt :) sonst geht's so weiter wie gehabt. Alles Gute für alle Leser und Leserinnen. Euer Pasci!  

Donnerstag, 28. Juni 2012

Der sechste Teil

Herr Ludwigs Wohlbefinden wurde jäh unterbrochen.
"Komm Caspar, wir trinken erst mal ein Bierchen" sagte Alexander in einem wie gewohnt lautem halb schreienden Ton. Alexander ging aus dem Wohnzimmer in die Küche und holte aus dem stets, zumindest mit Getränken, immer gut gefüllten Kühlschrank 2 Flaschen Bier. Er ging zurück, machte die eine Flasche lässig mit der zweiten auf und die zweite, dann doch mit einem Öffner, den er in der Hosentasche versteckt hatte.
"Und, erzähl..." sagte Alex, das war seine Art zu sagen, mir fällt gerade nichts ein, mir ist langweilig unterhalte mich.
"Ja ich weiss auch nicht.." sagte Herr Ludwig und das war seine Art zu sagen, du kannst mich mal unterhalte dich doch selbst.
"Aber ich weiß!" klang es aus der hinteren Ecke des Wohnzimmers, Alexanders Frau Wiebke quietschte zwischen diese durchdachte und hochintelligente Unterhaltung zweier Männer "Bevor ihr da jetzt sinnlos rumtrinkt, dann sage ich, dass wir als Familie, also Alexander, Melanie und ich, das große Zimmer im Haupthaus auf der unteren Etage nehmen. Caspar nimmt das hinterste im Flügel. Oma Hermine kann dann das obere Zimmer im Haupthaus nehmen, die paar Treppen schafft sie schon und wir brauchen das untere wegen Melanie, wenn wir da ständig hin und her müssen, ihr versteht!?"
Die beiden Brüder schauten sich an und machten in irgendeiner Form eine zustimmende Geste und waren doch leicht überrumpelt von Wiebkes höflicher aber auch bestimmender Art, sie fuhr fort:
"Eure Eltern nehmen dann auch ein Zimmer im Gang, euer Onkel Achim mit Familie das dritte und zu guter Letzt müssen eure beiden Tanten, die sowieso wieder gemeinsam, zu spät und wahrscheinlich völlig betrunken eintrudeln das Wohnzimmer nehmen, die sind sowieso am längsten wach. Gibt es bis hier her Einwände?"
Keiner der Brüder wollte widersprechen obwohl das durchaus möglich und angebracht gewesen wäre, wenn man zum Beispiel Oma Hermine in ein unteres Zimmer, wegen der Treppen, verfrachtet hätte, sowie die jüngste Familie nämlich Alexanders auch nach unten, hätten die älteren Familien sprich Herrn Ludwigs Eltern und sein Onkel mit Anhang die großen Zimmer bewohnen können, aber die Tanten, das musste man zugeben, hatte Wiebke richtig und hervorragend  untergebracht. Aber man hätte noch alle möglichen Kombinationen durchspielen können, Tanten hoch oder runter. Vater, Mutter, Kind auf den Gang und im Flügelhorn spielt uns Oma Hermine eine Operette und schläft im Wohnzimmer damit niemand geweckt wird, es war am Ende egal! Jemand hatte entschieden und das reichte Wiebke um zu sagen:
"Ihr zwei bringt jetzt das Gepäck was da ist schon mal auf die Zimmer, zieht euch was ordentliches an und macht euch hübsch und weil wir beiden Frauen immer gut aussehen, können wir schon mal die Betten in allen Zimmern beziehen."
Keiner lamentierte oder widersetzte sich den harschen Worten von Feldwebel Wiebke Ludwig geborene Steisenstein und so begann das Spektakel.
Im nu war das Bier abgestellt, die Koffer gepackt und Herr Ludwig marschierte mit seiner blauen Sporttasche in Richtung Zimmer, den Gang hinunter hinterste Türe links.
Der Hebel quietschte die Tür schleifte leicht über die noch ganz gut erhalten Holzdielen und da war er. Ein schönes Zimmer, ein kleines Doppelfenster, gab den Blick zu Terasse und Hang frei, man konnte das Moseltal erahnen, wenn auch nicht einwandfrei sehen. Das Zimmer war sehr hell und wie alle Zimmer im Weingut verzichtete man auf Tapeten da die Wände eine leichte Schieflage hatten und der Putz sah so hervorragend rustikal aus, dass es auch eine Schande gewesen wäre irgendeine Papierbahn darauf zu kleben. Herr Ludwig drehte sich einmal um die eigene Achse, nein groß war es wirklich nicht, gerade Platz für eine Schlafcouch, einen kleinen dunkel braunen recht alten schreibtischähnlichen Tisch, der aber auch als Beistell-Küchentisch gesehen werden könnte und einen Schrank mit eingelassenem Spiegel in heller Buche, der irgendwie gar nicht zu der Einrichtung oder dem Anwesen passte.
Herr Ludwig stopfte seine Tasche in den Schrank, schmiss seine Jacke über das Schlafsofa setzte sich. Ungeschickt wie Herr Ludwig war, setzte er sich genau auf sein Jacke und merkte etwas hartes an seinem Podex. Er kramte mit seiner Hand unter seinem Hintern rum, wäre jetzt jemand ins Zimmer gekommen, ganz sicher würde er nichts gutes von Herrn Ludwig denken, denn es sah schon unverschämt unverschämt aus, was er da machte. Gott sei dank kam aber niemand herein und Herr Ludwig wurde fündig.
Es war der Geldbeutel, den er hatte mitgehen lassen, er wollte ihn prüfen wenn er alleine in seinem Zimmer war. Aber war die Zeit wirklich schon reif?  

Mittwoch, 27. Juni 2012

Der fünfte Teil

Das Weingut war durchaus herrschaftlich.
Fuhr man die Hofeinfahrt hinein, sah man einen symmetrisch angelegten Gebäudekomplex, in der Mitte das Haupthaus, links und rechts jeweils ein Flügel die nach vorne ragten. Man kam sich vor wie in einem kleinen Runddorf. Vor dem Haupthaus und in der Mitte des Hofes, lag ein kleiner Brunnen, der über 3 Etagen ragte, allerdings wurde er so gut wie nie in Betrieb genommen, sodass das Wasser darin einen unangenehmen Geruch von sich gab und in einem trüben Grün strahlte.
Betrachtete man sich das Haus genauer so war es auf den ersten Blick schon fast zu idyllisch, es war an den Ecken, von Haupthaus zu den Flügeln, mit Wein bewachsen, der wild um sich rankte. Auf den zweiten Blick war es dann doch einfach ein braugraunes  Moselschieferhaus, dass zwar recht groß und imposant erschien, aber auch einfach schlecht bewirtschaftet wurde.
Dieser zweite Blick bekräftigte sich wenn man in den Innenbereich wechselte. Durch die große morsch erscheinende Tür in den Eingangsbereich. Ein Orange bis Terracottafarbener Fliesenboden ließ auf eine Fliesung in den 70er Jahren schließen, die Holztreppe, in die oberen Geschosse des Haupthauses blätterten bereits ab, das Treppengeländer war zum anfassen weniger geeignet, da man sich leicht einen Splitter einfangen konnte.
Wandte man sich nun im Eingangsbereich nach rechts, konnte man durch eine Tür mit Butzenscheiben in den Westflügel (wenn man so will) gelangen, dort lagen auf einer Etage weitere 3 Zimmer, zusätzlich zu den beiden großen Zimmern im Haupthaus. Der Westflügel war mit einem Badezimmer und 2 Toiletten ausgestattet, das Haupthaus hatte 2 Badezimmer auf jeder Etage eines. Im Flügel ging man einen langen Gang hinunter, der ebenfalls gefliest wurde allerdings hatte man in einem klugen Schachzug und zu gemütlichkeits Zwecken einen langen Teppich darüber ausgelegt. Die Türen zu den Zimmern befanden sich alle linker Hand, jede Tür sah gleich aus, eine solide Holztür ohne Schnickschnak und einem Eisenbeschlag für Schloss und Henkel.
Wollte man durch die Eingangshalle zurück in den Ostflügel gehen wurde man enttäuscht. Die Räume auf dieser Seite wurden nicht mehr genutzt, dort waren alle Wirtschaftsräume des Weingutes gelegen, wenn man sich doch traute die Tür zu öffnen und sich weiter noch traute ein bis zwei Schritte in den Ostflügel zu gehen machte man spätestens zu diesem Zeitpunkt wieder kehrt, denn das knarren der Dielen verbreitete solch ein ungutes Gefühl, dass man sich wirklich nicht traute weiter zu gehen.
Herr Ludwig betrat also mit seinem Bruder und dessen Familie das Haus, es war still.
"Wir sind die Ersten und dass obwohl wir so spät sind." sagte Alex und grinste wie als hätte er gerade die Glühbirne erfunden, er freute sich immer wenn er bei irgendetwas Erster war. Herr Ludwig entgegnete dem ganzen nur mit einem stillen "Hm".
"Weisst du wie die Zimmeraufteilung ist?" fragte er seinen Bruder, "Nein, aber ich würde sagen, wir setzen uns erstmal alle ins Wohnzimmer, wenn dann alle da sind kriegen wir das schon hin, lasst das Gepäck einfach hier vorne stehen."
Und so gingen sie durch eine doppelflügelige Tür im Erdgeschoss hinein in das "Wohnzimmer" was wohl mal so etwas wie ein Salon gewesen sein dürfte. Dort stand eine alte mit grünem kratzigen Stoff bezogene Couch in der einen Ecke und in der anderen eine lange schöne Holztafel in dunkel verarbeitet, als Kontrast mit hellen Intarsien. Der Raum war irgendwie zwischen hell und dunkel, die Fenster waren für die Größe des Raums einfach zu klein, saß man in der nähe der Fenster erhellte die Sonne die weißen Steinwände sehr schnell und grell, saß man aber nur 2-3 Meter weiter so kam man sich vor wie in einer Dunkelkammer.
Herr Ludwig setzte sich hin und wartete, er saß in der hintersten Ecke der Couch befühlte den kratzigen Stoff und erinnerte sich, Weihnachten als Kind, Spießbraten im Garten von seinem Großvater zubereitet, er schmeckte den geräucherten Aal, den er früher immer mit ihm holte, roch die Pfannkuchen, die seine Großtante gemacht hatte, er fühlte sich für den Moment wieder als Kind und er fühlte sich wohl dabei.    

Freitag, 22. Juni 2012

Der vierte Teil

Nach einiger Zeit des wartens und einiger Zeit des Beobachtens von vorbeifahrenden Autos, Bussen und dem "Cochemer Stadtbüsje", entschied sich Herr Ludwig doch lieber dafür seinen Bruder anzurufen.
Er Zog sein Handy aus der Jackentasche und wählte im Telefonbuch die Nummer von Alexander Ludwig. Es klingelte. Alexander meldete sich:
"Hallo Caspar und wie schaut's bist du schon da ? Wir sind gerade los."
"Ja, deswegen ruf ich an." entgegnete Herr Ludwig, "ich bin gerade in Cochem angekommen".
"Ah super, dann hast dus ja gleich geschafft, machste noch nen Stadtbummel?" "Ja jetzt schon, schätze ich mal... Also ich bin ja mit der Bahn da und wollte fragen ob ihr mich mitnehmen könntet?"
"Wie? Bist du nicht mit dem Auto gekommen? Oder ist das mal wieder kaputt? Na ja, also wenn du warten willst, wir brauchen sicher noch 2 Stunden und das Auto ist ganz schön voll, also dann müsste ich ja erst die beiden bei Oma Hermine absetzen und dann wieder nach Cochem runter und dann nochmal für dich Taxi spielen."
"Also, wenn das ginge..."
"Ja, naja , ja das mach ich schon, das mach ich schon mach dir keine Sorgen ich regel das, wie immer!"
"Gut dank dir Alex!"
"Ja ja also Tschüß!"
"Tschö!"
Herr Ludwig fühlte sich schuldig, jetzt musste Alexander wieder hin und her fahren wegen ihm, hätte er nicht vielleicht doch ein Taxi rufen sollen? Ach, es war jetzt auch egal, er hatte angerufen und damit war die Sache erledigt, jetzt hatte er wenigstens Zeit für einen entspannten Stadtbummel.
Er machte sich also auf den Weg ging die Bahnhofstraße entlang Richtung Altstadt, er ging vorbei an alten Herrenhäusern und fühlte sich wie als wäre er in einer anderen Zeit angekommen, es umgab ihn ein wohliges heimatliches Gefühl. Wenn Herr Ludwig sonst einen schlechten Tag hatte oder ihm etwas unangenehmes widerfahren ist, hatte er immer das Gefühl nach Hause zu wollen, dieses Gefühl begleitete ihn schon immer, sein gesamtes Leben in allen Situationen die unangenehm waren. Sobald Herr Ludwig aber an der Mosel war, hatte er das Gefühl endlich zu hause zu sein, er gehörte einfach hier her, er konnte sich nicht vorstellen, dass hier etwas schlimmes passieren könnte.
Als er am Endertplatz angekommen war, beschloss er ein paar Meter weiter sich ein Eis zu genehmigen und es einfach zu genießen zu Hause zu sein.
So verstrich die Zeit und Herr Ludwig schlenderte durch die Strassen, über den Marktplatz, die Herrenstraße, vorbei am Zwiebelturm durch die Bernstraße. Er prüfte seine Uhr im Handy und sah, dass es Zeit war wieder Richtung Bahnhof zu gehen, dort wollte Alexander ihn abholen.
Als Herr Ludwig dort ankam, sah er schon sein Auto, ja war er denn schon da?
Er sah auch, dass das Auto noch ganz schön voll war, Alexanders Frau Wiebke und deren Tochter Melanie saßen, relativ zusammengequetscht, zwischen einigen Koffern und Taschen, der Kofferraum des Kombis schien gleich von alleine auf zu springen und wie ein Scherzartikel alle Taschen, Koffer, so wie Insassen auszuspucken. Herr Ludwig blickte in das Auto und fragte ganz verwundert: "Ja hallo, was macht ihr denn schon hier?"
"Hallo Caspar!" rief ihm Wiebke gewohnt freundlich entgegen. "Na ja Alex, meinte wir kriegen dich schon noch reingequetscht und müssen dann nicht zweimal fahren."
"Ja und wo ist Alex jetzt?"
"Na ja er sucht dich im Bahnhof." und da kam Alex auch schon angelaufen, im schwarzen Anzug, das Jackett hat er wohl im Auto gelassen, die hellblauen Hemdärmel hat er lässig nach oben gekrempelt, sein Schlüsselband in grellem Grün in der Hand haltend und total aufgeregt kam er auf Herrn Ludwig zu.
Alexander Ludwig, seines Zeichens Manager einer kleinen Firma die sich auf Firmenberatung spezialisiert hatte, sah aus als würde er nicht in den Anzug gehören, er war ca. 1,75 groß hatte hellbraune Haare in einer nicht sonderlich gestylten Kurzhaar Frisur rundeten sie sein eckiges, schlecht rasiertes Gesicht ab. Alexander war recht schlank, hatte einen witzigen etwas kantigen Gang drauf, der dann besonders witzig war, wenn er im Stress war, so wie jetzt. Alexander riss die Arme hoch und schrie über den gesamten Bahnhofsvorplatz: "Da bist du ja Caspar, wo warst du denn, ich such dich die ganze Zeit, warste noch in der Kneipe was trinken oder wie?" , er meinte das witzig, aber Herr Ludwig fand dieses Geschreie und den vorgetragenen Inhalt meistens sehr befremdlich. "Nee, nee, ich dachte nur, ihr braucht noch ein bisschen, ich war noch in der Stadt."
"Ist ja auch egal, jetzt! Komm her Bruderherz!" Alexander umarmte Herrn Ludwig. Obwohl sich beide durchaus anstrengend fanden, war das Verhältnis zwischen den Beiden ziemlich herzlich."
Endlich konnte die Reise weitergehen, Herr Ludwig quetschte sich also auf den Rücksitz zusammen mit seiner blauen Sporttasche und der 7 Jahre alten Tochter Melanie, die ziemlich genervt von dieser Situation zu sein schien, sie seufzte auf jeden Fall unentwegt.
Sie fuhren los, weiter die Bundesstraße Richtung Trier, rund 2 km, dort fand sich dann eine kleine Einfahrt zu einem Weinbergsweg, meist kannten nicht einmal die Einheimischen diesen Weg, er führte nochmal 2-3 km durch Weinberge den Berg hinauf, an einer Gabelung musst man dann weiter in einen kleinen Wald fahren, dieser gehörte bereits zu dem Weingut, der Wald wurde mehr und mehr zu einer Allee, eine kleine Serpentine beschloss die Reise und das alte Weingut erschien vor ihnen wie eine Oase in der Sahara.      

Donnerstag, 21. Juni 2012

Der dritte Teil

"Nächster Halt, Koblenz Hbf." Dröhnte es aus den Lautsprechern des Zuges und Herr Ludwig musste in Koblenz umsteigen, noch während der Schaffner bzw. der Zugchef, vielleicht heißt es inzwischen auch "Head Of Train" oder "Travelling Manager", die Reisemöglichkeiten durchnuschelte, packte Herr Ludwig seine Tasche, stellte sich hin und wackelte zur Tür. Er stand vor der Zugtür und schaute aus dem bullaugenähnlichen Fenster auf die Landschaft die vorbeizog. Herr Ludwig stand rund 10 Minuten dort bis der Zug schlussendlich in Koblenz ankam.
Er öffnete die Tür und stieg die Stufen hinunter auf den Bahnsteig. Er atmete tief durch und roch die Luft als wäre es eine Droge. "Heimatluft", dachte er und genoss diesen Moment, es war nicht mehr weit und ab Koblenz fühlte sich Herr Ludwig zu hause. Es war so als wäre Deutschland ein fremdes Land und er hätte mit dem Rhein gerade wieder die Grenze passiert. Wenn er nicht so ein Angsthase wäre, würde er noch heute Gefolgsleute um sich scharen und wieder die linksrheinische Republik ausrufen, dachte sich Herr Ludwig, das dachte er natürlich nur im Scherz, aber irgendwie fand er den Gedanken doch nett und tröstlich, wenn es hier eine neue Republik gäbe, dann könnte er vielleicht endlich aus der Lethargie seines eigenen Lebens ausbrechen und dem Unsinn seines Daseins doch endlich einen Sinn für ein übergeordnetes Ziel geben. Gott sei dank, ist Herr Ludwig ein kleiner Feigling gewesen, solche Gedanken könnten nämlich schnell eine neoseperatistische Bewegung auslösen, für die jemand mit Charisma und richtiger Rethorik mit Sicherheit den Nährboden in der derzeitigen sozialen und gesellschaftlichen Krise, finden würde.
Wie dem auch sei, Herr Ludwig musste umsteigen, er stieg die Treppen herab zur Unterführung und suchte sich das richtige Gleis, RB nach Trier. Noch eine Stunde Zugfahrt und Herr Ludwig war da.
Der Zug setzte sich pünktlich um 15:23 in Bewegung.
Die Fahrt verschlief Herr Ludwig einfach, verpasste die Postkarten Idylle an der er vorbei fuhr, die Burgen auf den Bergen die das Moseltal einschlossen, die fröhlichen Kreuzschifffahrer die unentwegt winkten, als wären sie rund 60 Jahre jünger und würden einen Schulausflug machen. Er verpasste wie ein unmotivierter Schaffner einfach an allen vorbeiging um dann heimlich im Personalabteil sich lieber seiner Zigarette zuzuwenden. Was er aber nicht verpasste war Gott sei Dank seine Station. Der Zug wurde langsamer, ratterte als würde gleich das gesamte Gestell zusammenbrechen, quietschte, quietschte immer lauter und kam schließlich mit einem starken Ruck zu stehen, durch diesen Ruck wurde Herr Ludwig aus seinen Träumen gerissen, schaute aus dem Fenster und realisierte endlich, dass er angekommen war.
Er packte in Windeseile seine Tasche, stolperte an ein paar Schülern vorbei die im Begriff waren in den Zug einzusteigen und viel fast aus dem Zug. Als er auf dem Gleis gelandet war, hörte er gerade noch die durchsage des Bahnhofvorstehers, "Cochem, hier Cochem."
Herr Ludwig hatte sich schon immer über diesen Ausspruch gewundert, warum sagte er das ganze so in dieser Form und das hatte sich seit seiner Kindheit nicht geändert: Cochem, hier Cochem. Sir, ja Sir! Hatte der Herr zu viele Militärfilme geschaut? Na ja irgendwie war es auch charmant.
Er holte also erstmal Luft, konnte sein lächeln nicht verbergen und ging die Stufen hinunter in die Bahnhofshalle, vorbei an den zentral angelegten Ticketautomaten hinaus auf den Bahnhofsvorplatz, er blickte auf die Moselpromenade und fühlte sich erstmal richtig wohl. Vor dem Bahnhof standen ein paar ältere Leute die sich ortstypisch mit einem herzlichen aber kurzen: "OOAH!" begrüßten. Nun gab es keinen Zweifel mehr Herr Ludwig war daheim.

Nun ja, soweit so gut, aber das Weingut lag noch etwas weiter entfernt, auf einem abgelegenen Weinbergsweg, die Eifeler Bergseite hoch. Wie sollte er nun dahin kommen, er überlegte ob er seinen Bruder anrufen sollte, denn dieser bequemte sich sicher nicht mit der Bahn zu fahren und könnte ihn eventuell abholen und wenn es noch länger dauerte könnte er einen kleinen Stadtbummel machen.
Er könnte aber natürlich auch eines der Taxen nehmen die direkt am Bahnhof standen, das würde aber durchaus teuer werden, denn die Taxen hier in der Provinz, vor allem in der Ferienprovinz, können horrende Preise nehmen.

Also nun könnt ihr wieder wenn ihr wollt per Kommentar mitbestimmen, was soll Her Ludwig machen, seinen Bruder anrufen oder ein Taxi nehmen um auf das Weingut zu gelangen ? 
Euer Pasci.