Donnerstag, 28. Juni 2012

Der sechste Teil

Herr Ludwigs Wohlbefinden wurde jäh unterbrochen.
"Komm Caspar, wir trinken erst mal ein Bierchen" sagte Alexander in einem wie gewohnt lautem halb schreienden Ton. Alexander ging aus dem Wohnzimmer in die Küche und holte aus dem stets, zumindest mit Getränken, immer gut gefüllten Kühlschrank 2 Flaschen Bier. Er ging zurück, machte die eine Flasche lässig mit der zweiten auf und die zweite, dann doch mit einem Öffner, den er in der Hosentasche versteckt hatte.
"Und, erzähl..." sagte Alex, das war seine Art zu sagen, mir fällt gerade nichts ein, mir ist langweilig unterhalte mich.
"Ja ich weiss auch nicht.." sagte Herr Ludwig und das war seine Art zu sagen, du kannst mich mal unterhalte dich doch selbst.
"Aber ich weiß!" klang es aus der hinteren Ecke des Wohnzimmers, Alexanders Frau Wiebke quietschte zwischen diese durchdachte und hochintelligente Unterhaltung zweier Männer "Bevor ihr da jetzt sinnlos rumtrinkt, dann sage ich, dass wir als Familie, also Alexander, Melanie und ich, das große Zimmer im Haupthaus auf der unteren Etage nehmen. Caspar nimmt das hinterste im Flügel. Oma Hermine kann dann das obere Zimmer im Haupthaus nehmen, die paar Treppen schafft sie schon und wir brauchen das untere wegen Melanie, wenn wir da ständig hin und her müssen, ihr versteht!?"
Die beiden Brüder schauten sich an und machten in irgendeiner Form eine zustimmende Geste und waren doch leicht überrumpelt von Wiebkes höflicher aber auch bestimmender Art, sie fuhr fort:
"Eure Eltern nehmen dann auch ein Zimmer im Gang, euer Onkel Achim mit Familie das dritte und zu guter Letzt müssen eure beiden Tanten, die sowieso wieder gemeinsam, zu spät und wahrscheinlich völlig betrunken eintrudeln das Wohnzimmer nehmen, die sind sowieso am längsten wach. Gibt es bis hier her Einwände?"
Keiner der Brüder wollte widersprechen obwohl das durchaus möglich und angebracht gewesen wäre, wenn man zum Beispiel Oma Hermine in ein unteres Zimmer, wegen der Treppen, verfrachtet hätte, sowie die jüngste Familie nämlich Alexanders auch nach unten, hätten die älteren Familien sprich Herrn Ludwigs Eltern und sein Onkel mit Anhang die großen Zimmer bewohnen können, aber die Tanten, das musste man zugeben, hatte Wiebke richtig und hervorragend  untergebracht. Aber man hätte noch alle möglichen Kombinationen durchspielen können, Tanten hoch oder runter. Vater, Mutter, Kind auf den Gang und im Flügelhorn spielt uns Oma Hermine eine Operette und schläft im Wohnzimmer damit niemand geweckt wird, es war am Ende egal! Jemand hatte entschieden und das reichte Wiebke um zu sagen:
"Ihr zwei bringt jetzt das Gepäck was da ist schon mal auf die Zimmer, zieht euch was ordentliches an und macht euch hübsch und weil wir beiden Frauen immer gut aussehen, können wir schon mal die Betten in allen Zimmern beziehen."
Keiner lamentierte oder widersetzte sich den harschen Worten von Feldwebel Wiebke Ludwig geborene Steisenstein und so begann das Spektakel.
Im nu war das Bier abgestellt, die Koffer gepackt und Herr Ludwig marschierte mit seiner blauen Sporttasche in Richtung Zimmer, den Gang hinunter hinterste Türe links.
Der Hebel quietschte die Tür schleifte leicht über die noch ganz gut erhalten Holzdielen und da war er. Ein schönes Zimmer, ein kleines Doppelfenster, gab den Blick zu Terasse und Hang frei, man konnte das Moseltal erahnen, wenn auch nicht einwandfrei sehen. Das Zimmer war sehr hell und wie alle Zimmer im Weingut verzichtete man auf Tapeten da die Wände eine leichte Schieflage hatten und der Putz sah so hervorragend rustikal aus, dass es auch eine Schande gewesen wäre irgendeine Papierbahn darauf zu kleben. Herr Ludwig drehte sich einmal um die eigene Achse, nein groß war es wirklich nicht, gerade Platz für eine Schlafcouch, einen kleinen dunkel braunen recht alten schreibtischähnlichen Tisch, der aber auch als Beistell-Küchentisch gesehen werden könnte und einen Schrank mit eingelassenem Spiegel in heller Buche, der irgendwie gar nicht zu der Einrichtung oder dem Anwesen passte.
Herr Ludwig stopfte seine Tasche in den Schrank, schmiss seine Jacke über das Schlafsofa setzte sich. Ungeschickt wie Herr Ludwig war, setzte er sich genau auf sein Jacke und merkte etwas hartes an seinem Podex. Er kramte mit seiner Hand unter seinem Hintern rum, wäre jetzt jemand ins Zimmer gekommen, ganz sicher würde er nichts gutes von Herrn Ludwig denken, denn es sah schon unverschämt unverschämt aus, was er da machte. Gott sei dank kam aber niemand herein und Herr Ludwig wurde fündig.
Es war der Geldbeutel, den er hatte mitgehen lassen, er wollte ihn prüfen wenn er alleine in seinem Zimmer war. Aber war die Zeit wirklich schon reif?  

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