Mittwoch, 11. Juli 2012

Der neunte Teil

Die Zeit verstrich und Herr Ludwig saß da nuckelte zunächst seine erste Flasche Bier leer und auf drängen der Tanten dann eine weitere. Zur dritten Flasche musste man ihn garnicht mehr groß drängen und die vierte machte er gerade dann auf, als Tante Corinna sagte: "Oh schaut mal auf die Uhr, das Essen geht schon in 10 Minuten los! Casperle, musst du dich nicht noch in Schale schmeissen, oder wolltest du in Jeans und T-Shirt diesen Abend vollziehen!?" die Tanten kicherten. Herr Ludwig nahm einen Schluck von seinem 4. Bier, dass er innerhalb der letzten Stunde getrunken hatte, er fühlte sich schon etwas schwummerig und sagte: "Jau, da habt ihr recht ihr hübschen dann will ich mich mal fein machen, dass das auch pünktlich losgeht hier."
Und mit diesen Worten wankte er von dannen den Gang hinunter und in sein Zimmer, er blickte auf sein Bett und sah seinen Anzug vollkommen zerknittert dort liegen, es waren noch 10 Minuten bis zum Essen und sowohl sein Vater als auch Oma Hermine hassten Unpünktlichkeit. Nun war es die Frage, ob Herr Ludwig es wohl schaffen könnte seinen Anzug rechtzeitig zu Bügeln oder nicht, die Entscheidung musste wenn dann schnell fallen, denn sonst blieb auch für ein unsauberes Bügeln keine Zeit mehr. Er betrachtete sich seinen Anzug genauer, die Hose ging eigentlich, er schüttelte sie ein, zweimal gut durch und befand in seinem, man musste es aussprechen, angetrunkenen Zustand, dass sie passabel sei, wobei ihm da jeder andere wohl widersprochen hätte. Das Jacket, nun ja die Ärmel sollte man schon nochmal etwas glatt streichen und auch am Rücken vielleicht ein bisschen nacharbeiten, das war es dann aber auch und zur Not würde er das Jacket zunächst offen lassen und in einem genialen Schachzug beim betreten des Raumes ausziehen unter dem Vorwand, dass aber ganz schön gut geheizt wurden und es lässig über seinem Arm werfen. Das Hemd war das eigentlich schlimme an dem ganzen, es sah aus, als wäre es eine Zeichnung gewesen, die der Künstler nicht für gut befand und sie deswegen ganz ganz heftig zusammenknüllte und in den Papierkorb schmiss. Herr Ludwig prüfte das Hemd genau, auf dem Etikett stand: "Größe L/G - Easy Iron.". Dann konnte ja nichts mehr schief gehen wird sich Herr Ludwig wohl gedacht haben, riss die Zimmertür auf, fiel fast vornüber aus dem Zimmer vor lauter Bierseligkeit und schaute um sich, es war niemand zu sehen, aber wo sollte er jetzt ein Bügeleisen finden. Wer kannte sich am besten aus in dem Haus? Keine Frage Oma Hermine, doch die sollte er vielleicht nicht unbedingt fragen, alleine wegen seinem Zustand, außerdem wäre es doch recht peinlich, würde sie erfahren, dass er in den inzwischen verbleibenden 5 Minuten sein Hemd bügeln wollte, wo er doch den ganzen Tag Zeit hatte dafür. Wer blieb noch? Er musste seinen Bruder fragen, also los, hoch zu Alexander in den ersten Stock, er sprang graziel wie eine übergewichtige Gazelle zwei Stufen gleichzeitig nach Oben, dieses Springen war nicht zu überhören und wahrscheinlich dachten die anderen Besucher, Oma Hermine hätte einen Elefanten als besondere Attraktion engagiert und in ihrem Zimmer versteckt. Völlig außer Atem kam Herr Ludwig im ersten Stock an, stützte die Hände in die Hüften und atmete durch. Er klopfte. Die Tür öffnete, Alexander stand vor ihm schaute verwundert und vorwurfsvoll: "Caspar, du bist ja noch nicht fertig, ist alles ok, du siehst ja vollkommen fertig aus?"
"Ja, es ist alles gut. Nur ein Bügeleisen. Ich bräuchte ein Eisen zum bügeln, weisst du!? Wo find ich das in dem Haus hier?"
"Jetzt komm, du willst mir nicht erzählen, dass du noch dein Hemd bügeln musst?"
"Ach nur so eine kleine Bügelfalte hab ich übersehen"
"Na ja, egal, in der Küche, unterste Schublade links neben der Spüle."
"Danke!"
"Ach ja, Caspar!"
"Was?"
"Du solltest was gegen deinen Mundgeruch machen du riechst ganz schön nach Bier!"
"Danke" sagte Herr Ludwig und drehte sich um, er überhörte quasi den Spruch von Alexander wusste aber, dass er recht hatte, fiel die Treppen ähnlich galant hinab wie er herauf gekommen war, stolperte in die Küche, wo schon eine Küchenmannschaft bereit stand, die kulinarisch durch den heutigen Abend führen sollte und schnappte sich das Bügeleisen. Er rannte zurück und wollte mit dem Bügeln beginnen, doch irgendwas hatte er übersehen, eine kleine Sache schien ihm noch zu fehlen um wirklich weiter zu kommen. Das Bügelbrett! Er beschloss, dass dafür keine Zeit mehr war und begann wie ein wilder zu bügeln, barbarisch genug ist er gewesen, das kleine Fensterbrett als Unterlage zu benutzen, als er fertig war, oder zumindest, er der Meinung war fertig zu sein, streifte er in Windeseile seine Sachen über, sprühte sich von oben bis unten mit Eau de Toilette ein, presste sich eine gefühlte halbe Tube Zahnpasta in den Mund, spülte kurz mit Wasser durch und stolzierte ins Wohnzimmer, fest davon überzeugt, pünktlich und gut aussehend bei seiner Familie anzukommen. Die Wahrheit war, er war 15 Minuten zu spät, alle saßen schon beim Apperetif und er sah aus wie einmal hinterm Auto hergezogen. Er wollte seinen Plan in die Tat umsetzen, zog sein Jacket aus nuschelte: Warm hier, wa?" in die Runde, wollte sich die Jacke über den Arm werfen, verfehlte aber und sie landete auf dem Boden.
Er stand da und sah genauso aus, wie er aussah einfach schlecht. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, man wusste nicht was man sagen sollte, entsetzt, belustigt? Vielleicht eine Mischung aus beidem.
Herr Ludwig stand einfach da und war benebelt von den 4 Bier und von der Parfum - Bierstaub - Zahnpasta Wolke in der er irgendwie in diesen Raum geschwebt war.   

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen