Freitag, 22. Juni 2012

Der vierte Teil

Nach einiger Zeit des wartens und einiger Zeit des Beobachtens von vorbeifahrenden Autos, Bussen und dem "Cochemer Stadtbüsje", entschied sich Herr Ludwig doch lieber dafür seinen Bruder anzurufen.
Er Zog sein Handy aus der Jackentasche und wählte im Telefonbuch die Nummer von Alexander Ludwig. Es klingelte. Alexander meldete sich:
"Hallo Caspar und wie schaut's bist du schon da ? Wir sind gerade los."
"Ja, deswegen ruf ich an." entgegnete Herr Ludwig, "ich bin gerade in Cochem angekommen".
"Ah super, dann hast dus ja gleich geschafft, machste noch nen Stadtbummel?" "Ja jetzt schon, schätze ich mal... Also ich bin ja mit der Bahn da und wollte fragen ob ihr mich mitnehmen könntet?"
"Wie? Bist du nicht mit dem Auto gekommen? Oder ist das mal wieder kaputt? Na ja, also wenn du warten willst, wir brauchen sicher noch 2 Stunden und das Auto ist ganz schön voll, also dann müsste ich ja erst die beiden bei Oma Hermine absetzen und dann wieder nach Cochem runter und dann nochmal für dich Taxi spielen."
"Also, wenn das ginge..."
"Ja, naja , ja das mach ich schon, das mach ich schon mach dir keine Sorgen ich regel das, wie immer!"
"Gut dank dir Alex!"
"Ja ja also Tschüß!"
"Tschö!"
Herr Ludwig fühlte sich schuldig, jetzt musste Alexander wieder hin und her fahren wegen ihm, hätte er nicht vielleicht doch ein Taxi rufen sollen? Ach, es war jetzt auch egal, er hatte angerufen und damit war die Sache erledigt, jetzt hatte er wenigstens Zeit für einen entspannten Stadtbummel.
Er machte sich also auf den Weg ging die Bahnhofstraße entlang Richtung Altstadt, er ging vorbei an alten Herrenhäusern und fühlte sich wie als wäre er in einer anderen Zeit angekommen, es umgab ihn ein wohliges heimatliches Gefühl. Wenn Herr Ludwig sonst einen schlechten Tag hatte oder ihm etwas unangenehmes widerfahren ist, hatte er immer das Gefühl nach Hause zu wollen, dieses Gefühl begleitete ihn schon immer, sein gesamtes Leben in allen Situationen die unangenehm waren. Sobald Herr Ludwig aber an der Mosel war, hatte er das Gefühl endlich zu hause zu sein, er gehörte einfach hier her, er konnte sich nicht vorstellen, dass hier etwas schlimmes passieren könnte.
Als er am Endertplatz angekommen war, beschloss er ein paar Meter weiter sich ein Eis zu genehmigen und es einfach zu genießen zu Hause zu sein.
So verstrich die Zeit und Herr Ludwig schlenderte durch die Strassen, über den Marktplatz, die Herrenstraße, vorbei am Zwiebelturm durch die Bernstraße. Er prüfte seine Uhr im Handy und sah, dass es Zeit war wieder Richtung Bahnhof zu gehen, dort wollte Alexander ihn abholen.
Als Herr Ludwig dort ankam, sah er schon sein Auto, ja war er denn schon da?
Er sah auch, dass das Auto noch ganz schön voll war, Alexanders Frau Wiebke und deren Tochter Melanie saßen, relativ zusammengequetscht, zwischen einigen Koffern und Taschen, der Kofferraum des Kombis schien gleich von alleine auf zu springen und wie ein Scherzartikel alle Taschen, Koffer, so wie Insassen auszuspucken. Herr Ludwig blickte in das Auto und fragte ganz verwundert: "Ja hallo, was macht ihr denn schon hier?"
"Hallo Caspar!" rief ihm Wiebke gewohnt freundlich entgegen. "Na ja Alex, meinte wir kriegen dich schon noch reingequetscht und müssen dann nicht zweimal fahren."
"Ja und wo ist Alex jetzt?"
"Na ja er sucht dich im Bahnhof." und da kam Alex auch schon angelaufen, im schwarzen Anzug, das Jackett hat er wohl im Auto gelassen, die hellblauen Hemdärmel hat er lässig nach oben gekrempelt, sein Schlüsselband in grellem Grün in der Hand haltend und total aufgeregt kam er auf Herrn Ludwig zu.
Alexander Ludwig, seines Zeichens Manager einer kleinen Firma die sich auf Firmenberatung spezialisiert hatte, sah aus als würde er nicht in den Anzug gehören, er war ca. 1,75 groß hatte hellbraune Haare in einer nicht sonderlich gestylten Kurzhaar Frisur rundeten sie sein eckiges, schlecht rasiertes Gesicht ab. Alexander war recht schlank, hatte einen witzigen etwas kantigen Gang drauf, der dann besonders witzig war, wenn er im Stress war, so wie jetzt. Alexander riss die Arme hoch und schrie über den gesamten Bahnhofsvorplatz: "Da bist du ja Caspar, wo warst du denn, ich such dich die ganze Zeit, warste noch in der Kneipe was trinken oder wie?" , er meinte das witzig, aber Herr Ludwig fand dieses Geschreie und den vorgetragenen Inhalt meistens sehr befremdlich. "Nee, nee, ich dachte nur, ihr braucht noch ein bisschen, ich war noch in der Stadt."
"Ist ja auch egal, jetzt! Komm her Bruderherz!" Alexander umarmte Herrn Ludwig. Obwohl sich beide durchaus anstrengend fanden, war das Verhältnis zwischen den Beiden ziemlich herzlich."
Endlich konnte die Reise weitergehen, Herr Ludwig quetschte sich also auf den Rücksitz zusammen mit seiner blauen Sporttasche und der 7 Jahre alten Tochter Melanie, die ziemlich genervt von dieser Situation zu sein schien, sie seufzte auf jeden Fall unentwegt.
Sie fuhren los, weiter die Bundesstraße Richtung Trier, rund 2 km, dort fand sich dann eine kleine Einfahrt zu einem Weinbergsweg, meist kannten nicht einmal die Einheimischen diesen Weg, er führte nochmal 2-3 km durch Weinberge den Berg hinauf, an einer Gabelung musst man dann weiter in einen kleinen Wald fahren, dieser gehörte bereits zu dem Weingut, der Wald wurde mehr und mehr zu einer Allee, eine kleine Serpentine beschloss die Reise und das alte Weingut erschien vor ihnen wie eine Oase in der Sahara.      

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen